Peter Müller
Zwischen März und Mai 2026 finden bundesweit Betriebsratswahlen statt. Für viele Betriebsräte stellt sich jetzt die Frage: Wie gewinnen wir geeignete Mitarbeiter für eine Kandidatur?

Die Suche nach Kandidaten ist kein Selbstläufer. Viele Beschäftigte zögern, weil sie unsicher sind, was sie erwartet, ob sich der Aufwand lohnt – oder ob sie überhaupt »die Richtigen« für ein Betriebsratsmandat sind. Umso wichtiger ist eine durchdachte Strategie, die zwei zentrale Ziele verfolgt: Vertrauen aufbauen und Selbstwirksamkeit vermitteln.

1. Seid ehrlich zu euch selbst: Reagiert ihr oder agiert ihr?

Bevor ihr überhaupt Kandidaten ansprecht, solltet ihr euch eine wichtige Frage stellen: Wie viel Prozent eurer Amtszeit habt ihr wirklich agiert, und wie viel habt ihr »nur« reagiert? Seid ehrlich dabei. Denn Beschäftigte wollen sich engagieren, wenn sie spüren: Hier wird aktiv etwas bewegt – nicht nur verwaltet oder abgewartet.

Und denkt daran: Ihr habt es noch selbst in der Hand, vor der Wahl zu zeigen, dass ihr wirklich agiert – nutzt diese Zeit! Tut es auch. Denn wer erst kurz vor der Wahl »aktiv« wird, wirkt schnell unglaubwürdig.

2. Gute Betriebsratsarbeit sichtbar machen

Menschen lassen sich dann für eine Sache gewinnen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie etwas bewirken können – und dass sich ihr Engagement lohnt. Deshalb ist es entscheidend, dass der Betriebsrat seine Erfolge und seine Wirksamkeit ehrlich und greifbar kommuniziert.
 

  • Was wurde in den letzten Jahren für die Beschäftigten erreicht?
  • Welche Konflikte wurden gelöst oder entschärft?
  • Wo konnte der Betriebsrat Druck abbauen oder Perspektiven eröffnen?

3. Kandidaten individuell ansprechen

Kaum jemand meldet sich von sich aus freiwillig. Das ist kein Zeichen von Desinteresse – sondern Ausdruck von Unsicherheit. Umso wichtiger ist die persönliche Ansprache. Wer angesprochen wird, fühlt sich gesehen und wertgeschätzt.
 

  • Nutze persönliche Gespräche, keine Massenmails.
  • Sprich Menschen gezielt an, deren Haltung, Engagement oder Teamgeist du schätzt.
  • Frag nicht: »Willst du kandidieren?«, sondern: »Ich kann mir gut vorstellen, dass du eine wichtige Stimme im Gremium wärst – darf ich dir mal erklären, worum es dabei genau geht?«

4. Die Selbstwirksamkeit betonen

Viele Beschäftigte erleben ihren Arbeitsalltag als fremdbestimmt. Entscheidungen fallen woanders, mitgestalten scheint oft unmöglich. Das Betriebsratsmandat bietet hier eine Gegenwelt: Mitreden. Mitentscheiden. Gestalten.

Gerade für Menschen, die etwas verändern wollen, kann das Betriebsratsamt eine kraftvolle Ressource sein – auch persönlich:

  • Entwicklung von Verhandlungskompetenz
  • Zugang zu Schulungen, Netzwerken und neuem Wissen
  • Stärkung des eigenen Auftretens
  • Mehr Verständnis für betriebliche Zusammenhänge

Das sollte im Gespräch betont werden. Ohne zu beschönigen, aber mit einem klaren Blick auf die Chancen.

5. Unterstützungsangebote aufzeigen

Wer kandidiert, will wissen: Wie viel Arbeit kommt auf mich zu? Wer hilft mir dabei? Was passiert, wenn es schwierig wird? Hier hilft es, offen über die Rahmenbedingungen zu sprechen – und über die Unterstützungsstrukturen:

  • Gibt es eine Patenschaft durch erfahrene Mitglieder?
  • Wird Wissen im Gremium gut geteilt?
  • Gibt es Entlastung oder Regelungen mit dem Arbeitgeber zur Freistellung?

Ein starkes Signal ist: Du bist nicht allein. Wir stehen hinter dir.

Fazit

Die Gewinnung von Kandidaten ist keine Frage des Zufalls – sondern ein strategischer Prozess, der auf Vertrauen, Wertschätzung und Klarheit basiert. Und der ehrlich beginnt – mit der Frage: Wie aktiv sind wir eigentlich selbst?